Beschneidung von Buben
Gestern auf Puls 4 war eine interessante Diskussion bei "pro und contra" über das Thema:
http://www.puls4.com/austrianews/Pro-und-Contra-Umstrittenes-Urteil-gegen-religioes/artikel/9718
Es war seit Längerem wieder mal eine Diskussion, die richtig angenehm war, weil sich die Leute gegenseitig ausreden haben lassen und die Argumente gut waren - und vor allem, weil sinnvolle Leute eingeladen waren, die ihren Standpunkt mit ausreichendem Vorwissen darlegen konnten.
Das Ergebnis: 1:1, auch wenn die Freidenker die besseren Argumente hatten, so haben sich die beiden Vertreter/-innen für den Islam und das Judentum recht wacker geschlagen. Mehr als ein religiöses Argument blieb ihnen aber am Schluss nicht. Denn das gesundheitliche Argument wurde von einem ebenfalls eingeladenen Urologen relativiert.
Und Patzelt hat recht gut erklärt, dass Religionsfreiheit ein Individualrecht ist, nicht aber das Recht einer religiösen Gemeinschaft als Ganzes, zu tun, was sie für richtig hält. Und als Individualrecht stellt sich natürlich die Frage, wie der religionsmündige Jugendliche (ab 14) seine Beschneidung rückgängig machen kann, wenn er der Meinung ist, dass er keine Lust auf einen Bund mit Gott hat (der Gottesbund ist zumindest im Judentum der Grund für die Beschneidung (Abraham war da offenbar der Urheber - im Islam gibts im Koran keinerlei Vorschrift dazu). Der umgekehrte Weg, nämlich sich später noch beschneiden zu lassen, wenn man mit Gott einen Bund schließen will, ist jedenfalls möglich.
Ein etwas absurdes Argument hat Herr Hofmeister (Beschneider und Rabbi) gebracht, nämlich das Recht eines jüdischen Kindes auf das Beschnittensein. Das impliziert, dass das Kind/der Jugendliche automatisch, weil er in einer jüdischen Gemeinschaft aufwächst, diese als Norm ganz und gar automatisch akzeptieren wird. Das heißt, man nimmt an, dass der Junge sowieso jüdisch-religiös bleiben wird, weshalb er verärgert sein würde, wäre er nicht beschnitten ...
Eine interessante Meldung kam dann auch aus dem Publikum. Angeblich soll ausgerechnet der Begründer des Zionismus, Theodor Herzl, seinen Sohn nicht beschneiden haben lassen. Allerdings war Herzl auch nicht wirklich religiös.
Ach ja, grad entdeckt - ein Artikel der deutschtürkischen Feministin Necla Kelek:
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article107288230/Die-Beschneidung-ein-unnuetzes-Opfer-fuer-Allah.html
Meine eigene Meinung ist eher dort, wo Kinderrechte gewahrt werden sollten. Körperliche Eingriffe, die der Schönheit dienen (z.B. finde ich auch idiotisch, kleinen Mädchen die Ohrläppchen durchbohren zu lassen, nur damit sie als Kind schon Ohrringerl tragen können) oder der Religion oder einfach nur dem Egoismus der Eltern (ich finde auch die Kinder-Model-Shows verachtenswert, wo kleine Mädchen mit Stöckelschuhen und Schminke auf Tussi getrimmt und so sexualisiert werden und ähnlich perverse Ideen), finde ich grundsätzlich zumindest fraglich.
Allerdings werden weder traditionelle Juden noch Muslime das Urteil in Köln akzeptieren sondern wahrscheinlich wo anders ihre Jungs beschneiden lassen. Sogar eine liberale Rabbinerin hat gesagt, dass die Beschneidung etwas ist, was nicht verhandelbar ist. Uralte Traditionen kann man also schwer wegverbieten. Es ist allerdings schon gut, dass mit dem Kölner Urteil eine Debatte angeregt wurde.
Immerhin sind in modernen Demokratien auch andere liebgewonnene Traditionen als schlecht erkannt und abgeschafft worden (Ungleichberechtigung der Frauen, Verbot der Homosexualität, Sklaverei, Verbot der Abtreibung, etc.). Ich bin also zuversichtlich, dass vielleicht in einigen Jahrzehnten in den Religionen selbst vielleicht auch hier ein Umdenken stattfinden wird. Ich meine, der Bund mit Gott kann doch nicht alleine auf der Entfernung der Vorhaut beruhen, oder?
P.S.: Ich bin auch dagegen, dass kleine Kinder getauft werden, das heißt, dass sie automatisch einer religiösen Organisation angehören. Da rede ich ausnahmsweise mal den Freikirchen das Wort, die die Erwachsenentaufe proklamieren, weil man sich hier bewusst entscheidet ....
http://www.puls4.com/austrianews/Pro-und-Contra-Umstrittenes-Urteil-gegen-religioes/artikel/9718
Es war seit Längerem wieder mal eine Diskussion, die richtig angenehm war, weil sich die Leute gegenseitig ausreden haben lassen und die Argumente gut waren - und vor allem, weil sinnvolle Leute eingeladen waren, die ihren Standpunkt mit ausreichendem Vorwissen darlegen konnten.
Das Ergebnis: 1:1, auch wenn die Freidenker die besseren Argumente hatten, so haben sich die beiden Vertreter/-innen für den Islam und das Judentum recht wacker geschlagen. Mehr als ein religiöses Argument blieb ihnen aber am Schluss nicht. Denn das gesundheitliche Argument wurde von einem ebenfalls eingeladenen Urologen relativiert.
Und Patzelt hat recht gut erklärt, dass Religionsfreiheit ein Individualrecht ist, nicht aber das Recht einer religiösen Gemeinschaft als Ganzes, zu tun, was sie für richtig hält. Und als Individualrecht stellt sich natürlich die Frage, wie der religionsmündige Jugendliche (ab 14) seine Beschneidung rückgängig machen kann, wenn er der Meinung ist, dass er keine Lust auf einen Bund mit Gott hat (der Gottesbund ist zumindest im Judentum der Grund für die Beschneidung (Abraham war da offenbar der Urheber - im Islam gibts im Koran keinerlei Vorschrift dazu). Der umgekehrte Weg, nämlich sich später noch beschneiden zu lassen, wenn man mit Gott einen Bund schließen will, ist jedenfalls möglich.
Ein etwas absurdes Argument hat Herr Hofmeister (Beschneider und Rabbi) gebracht, nämlich das Recht eines jüdischen Kindes auf das Beschnittensein. Das impliziert, dass das Kind/der Jugendliche automatisch, weil er in einer jüdischen Gemeinschaft aufwächst, diese als Norm ganz und gar automatisch akzeptieren wird. Das heißt, man nimmt an, dass der Junge sowieso jüdisch-religiös bleiben wird, weshalb er verärgert sein würde, wäre er nicht beschnitten ...
Eine interessante Meldung kam dann auch aus dem Publikum. Angeblich soll ausgerechnet der Begründer des Zionismus, Theodor Herzl, seinen Sohn nicht beschneiden haben lassen. Allerdings war Herzl auch nicht wirklich religiös.
Ach ja, grad entdeckt - ein Artikel der deutschtürkischen Feministin Necla Kelek:
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article107288230/Die-Beschneidung-ein-unnuetzes-Opfer-fuer-Allah.html
Meine eigene Meinung ist eher dort, wo Kinderrechte gewahrt werden sollten. Körperliche Eingriffe, die der Schönheit dienen (z.B. finde ich auch idiotisch, kleinen Mädchen die Ohrläppchen durchbohren zu lassen, nur damit sie als Kind schon Ohrringerl tragen können) oder der Religion oder einfach nur dem Egoismus der Eltern (ich finde auch die Kinder-Model-Shows verachtenswert, wo kleine Mädchen mit Stöckelschuhen und Schminke auf Tussi getrimmt und so sexualisiert werden und ähnlich perverse Ideen), finde ich grundsätzlich zumindest fraglich.
Allerdings werden weder traditionelle Juden noch Muslime das Urteil in Köln akzeptieren sondern wahrscheinlich wo anders ihre Jungs beschneiden lassen. Sogar eine liberale Rabbinerin hat gesagt, dass die Beschneidung etwas ist, was nicht verhandelbar ist. Uralte Traditionen kann man also schwer wegverbieten. Es ist allerdings schon gut, dass mit dem Kölner Urteil eine Debatte angeregt wurde.
Immerhin sind in modernen Demokratien auch andere liebgewonnene Traditionen als schlecht erkannt und abgeschafft worden (Ungleichberechtigung der Frauen, Verbot der Homosexualität, Sklaverei, Verbot der Abtreibung, etc.). Ich bin also zuversichtlich, dass vielleicht in einigen Jahrzehnten in den Religionen selbst vielleicht auch hier ein Umdenken stattfinden wird. Ich meine, der Bund mit Gott kann doch nicht alleine auf der Entfernung der Vorhaut beruhen, oder?
P.S.: Ich bin auch dagegen, dass kleine Kinder getauft werden, das heißt, dass sie automatisch einer religiösen Organisation angehören. Da rede ich ausnahmsweise mal den Freikirchen das Wort, die die Erwachsenentaufe proklamieren, weil man sich hier bewusst entscheidet ....
Mc Claudia - 10. Jul, 16:03